Die gute Herstellungspraxis

Der Begriff Person bei Kant und neurologische Erkenntnisse

 

Überlegungen aus einer rechtswissenschaftlichen Sicht

 

 

Vorwort

 

 

Der Begriff Person hatte bei Kant eine zentrale Bedeutung. Denn er umschloss zwei Grundfragen des menschlichen Zusammenlebens, nämlich die Fragen

 

        wie verhalte ich mich moralisch und rechtlich richtig und

        kann ich mich zu einem richtigen – oder auch falschen – Verhalten frei entscheiden

 

Der Referendar, der sich als junger Jurist 1962 mit dem Begriff Person befassen wollte und dazu in das führende Lehrbuch von Enneccerus-Niperdey schaute, fand folgende kurze Feststellung[1]: Der Begriff des (subjektiven) Rechts als einer von der Rechtsordnung verliehenen, zur Befriedigung menschlicher Interessen dienlichen Rechtsmacht setzt ein Subjekt voraus, dem diese Macht verliehen ist, ein Rechtssubjekt oder, was in der Rechtssprache gleichbedeutend ist, eine Person. Die Persönlichkeit ist aber kein (subjektives) Recht, sondern eine rechtliche Eigenschaft, Vorbedingung aller Rechte und Pflichten, sie ist gleichbedeutend mit der Rechtsfähigkeit. Der Begriff Person hatte sich mithin im Laufe von rund 200 Jahren zu einer rein formalen juristischen Größe reduziert. Eine nähere Befassung mit diesem Begriff war denkbar uninteressant.

Dabei blieb es jedoch nicht. In der Rechtswissenschaft entwickelten sich in Nachfolge der Grundsatzentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Persönlichkeitsrecht („Herrenreiter, „Catharina Valente“[2]) neue Perspektiven, in Politik und Rechtswissenschaft wurde der Begriff Person verbunden mit den Abtreibungsgesetzen diskutiert und auch in der Philosophie erhielt dieser Begriff eine immer größere Bedeutung. Eine völlig neue Dimension ergab sich aber daraus, dass die Neurowissenschaften die Fähigkeit des Menschen zu einem freien Willen und freiem Handeln in Zweifel zogen und damit zwangsläufig auch die freie Entscheidung zu moralischem Handeln infrage stellten. Das machte es nach 45 Jahren sehr reizvoll zu untersuchen, inwieweit Kant durch die Neurowissenschaften überholt oder vielleicht auch bestätigt wurde.

Das Thema dieser Arbeit als Jurist zu behandeln, kann in die Sackgasse führen. Zum einen handelt es sich um ein Thema, das, soweit feststellbar, die Philosophen alleine beherrschen wollen; dem ist entgegen zu halten, dass Kant, wie seine Rechtphilosophie zeigt, Philosophie und Rechtswissenschaft miteinander verbunden hat. Zum andern ist die Diktion des Juristen im Vergleich mit der des Philosophen einfach (um nicht zu sagen primitiv), weil er in allen Berufszweigen darauf achten muss, für Laien verständlich zu sein; das damit verbundene Risiko, bei Philosophen kein Gehör zu finden, muss in Kauf genommen werden.

 

 

Inhalt

 

 

   1. Überblick und kurzer historischer Abriss

 

2. Neurologische Erkenntnisse und philosophischer Dualismus

 

3. Kant’s Definition des Begriffes, Fragestellung

 

4. Das moralische Gesetz

4.1 Kant

4.1.1 Fragestellung

4.1.2 Vernunft im praktischen Gebrauch

4.1.3 Bewusstsein des moralischen Gesetzes

4.1.4 Zusammenfassung

4.2 Neurologie

 

5. Freiheit

5.1 Neurologie

5.2 Kant

5.3 Diskussion

 

6. Zusammenfassung

 

7. Würde und Schlussbemerkung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

    

 



[1] Enneccerus-Niperdey Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, Erster Halbband S. 312.

[2] NJW 1958, 827; NJW 1959, 1269.

 

Rechtsanwalt Kurt-Dietrich Rathke

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